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Fokus – Wie die Perspektive das Weltbild verändert

Wie und von wo aus wir auf die Welt und die Geschehnisse um uns herum blicken, beeinflusst unser Weltbild massgebend. Zieht man zwei gleichaltrige Personen desselben Geschlechts und mit demselben sozioökonomischen Hintergrund für einen Vergleich heran, scheinen beide auf den ersten Blick zahlreiche Gemeinsamkeiten aufzuweisen. Schaut man jedoch genauer hin, könnte sich das Leben der einen nicht stärker vom Leben der anderen unterscheiden. Mit anerzogenen Wertvorstellungen und selbst auferlegten Glaubenssätzen setzen wir einen Filter mit dem wir unsere Umwelt erleben und interpretieren. Ein Fokus, der unser ganz eigenes Weltbild bestimmt.

 

Alles was wir erleben, interpretieren wir. Das hilft uns dabei, entsprechend reagieren zu können. Wie wir Situationen einschätzen und auswerten, hängt vor allem von den Glaubenssätzen ab, die wir seit unserer Kindheit entwickelt haben und die stark durch unsere Erziehung geprägt sind. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der 2004 von Woody Allen herausgebrachte Film «Melinda und Melinda». Dieser zeigt anhand der fiktiven Person Melinda, dass das Leben je nach Blickwinkel eher komisch oder tragisch sein kann. So rappelt sich die positiv eingestellte Melinda nach einer Trennung rasch wieder auf und findet sogar eine neue Liebe. Die pessimistische Melinda dagegen verfällt in Wut und Verzweiflung, die sie schliesslich in einen Selbstmordversuch treiben. Nach und nach wird die Fokussierung, an der wir unser Leben ausrichten, zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Denn wer sich auf etwas Bestimmtes konzentriert, wird dieses auch immer wieder sehen. Wir ziehen quasi das, was bereits in unserer Vorstellung existiert, buchstäblich an. Das hat jeder von uns selbst schon erlebt. Als frisch gebackener Student laufen uns plötzlich nur noch Studenten über den Weg. Als werdende Eltern scheint die Welt auf einmal voll von schwangeren Frauen und jungen Eltern. Die Brille, die wir uns aufsetzen, bestimmt also darüber, was wir sehen.

 

Dein Standpunkt bestimmt dein Blickfeld

Neben dem «Wie» hat auch das «Wo» eine wichtige Rolle auf die Ausrichtung unseres Lebens. Zum einen wird unsere Weltanschauung durch die Kultur geprägt in der wir aufwachsen. Zum anderen bestimmt der Standpunkt von dem aus wir die Welt betrachten unsere Einstellung. Tägliche Rituale und das Bild, dass wir durch lokale Medien vermittelt bekommen, setzen einen bestimmten Fokus. Durch meinen deutsch-afrikanischen Hintergrund erlebe ich diesen Einfluss hautnah. Betrachte ich die Welt aus deutscher respektive europäischer Sicht, habe ich das Gefühl auf einem völlig anderen Planeten zu leben, als wenn ich in meiner afrikanischen Heimat Nachrichten schaue und das tägliche Geschehen beobachte.

Doch ich muss nicht einmal so weit in die Ferne schweifen. Auch vom selben Standpunkt aus kann mein Blickwinkel um 180 Grad abweichen. Sitze ich beispielsweise an einem schönen Frühlingstag auf einer Parkbank während vor mir händchenhaltend ein gleichgeschlechtliches Paar vorbeiläuft und einige junge Männer einer älteren afro-europäischen Dame einen Platz auf einer besetzten Bank frei machen, gehe ich höchstwahrscheinlich davon aus, an einem friedlichen humanen Ort zu leben. Hätte ich dagegen hinter mich geschaut und gesehen, wie sich einige weisse Kinder über einen Jungen mit dunkler Hautfarbe lustig machen und die umstehenden Eltern den Vorfall geflissentlich übersehen, wäre ich sicher schockiert über die Gesellschaft in der ich lebe. Wohin beziehungsweise von wo aus ich schaue, entscheidet also ebenfalls darüber, was ich sehe.

 

Wie du deinen persönlichen Fokus findest

Der persönliche Fokus kann dir von niemand anderem vorgegeben werden. Er ist so individuell wie die Ergebnisse in der Fotografie. Abhängig von der Kamera, vom Licht und zahlreichen anderen Faktoren, wird jedes Bild einzigartig. So liegt es auch an jedem Einzelnen, die für sich richtige Perspektive zu finden. Allerdings gibt es einige Faktoren, die dich dabei unterstützen können, deinen Fokus möglichst optimal auszurichten. Dankbarkeit und Zufriedenheit sind Werte die dir dabei helfen innerlich ruhiger und ausgeglichener zu werden. Das wiederum erlaubt dir besser, dich zu fokussieren. Dabei solltest du dich jedoch nie auf eine einzige Perspektive versteifen. Halte dir verschiedene Betrachtungsweisen offen, bleibe in Bewegung und schaue, ob ein anderer Blickwinkel eventuell noch passendere Ansichten bietet. Was letztendlich zählt ist genügend Licht ein positives Weltbild zu generieren.

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